Als Corona uns erreichte
Ein Traum, den viele Fußballfans haben: ein Mal an der Anfield Road den großen FC Liverpool schauen. Wieder in Stuttgart angekommen, geht es Schlag auf Schlag – Corona übernimmt weite Teile unseres Lebens. Ein Rückblick.
Als ich am 7. März auf der Tribüne an der Anfield Road Platz nehme, ist die Welt noch in Ordnung. Sehr sogar! Zum ersten Mal sitze ich im altehrwürdigen Kop – ein Kindheitstraum wird wahr. Der FC Liverpool empfängt den AFC Bournemouth. Drei Siege fehlen noch zum ersten Meistertitel seit 30 Jahren. Die Mannschaft von Jürgen Klopp spielt eine rekordverdächtige Saison. Und ich bin mittendrin. Salah trifft, Mané trifft, Liverpool gewinnt 2:1. You’ll never walk alone. Gänsehaut.
Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht – und wie viele andere in Deutschland auch – was Europa ab Mitte März bevorsteht. Zwar waren erste Anzeichen einer Krise erkennbar, aber nicht mit der Schärfe, nicht mit der Wucht, der Nachhaltigkeit und Geschwindigkeit, wie sie auf uns zukam. Anfang März hatte ich wenig Zeit mich um die Tagespolitik zu kümmern, es war sehr viel los, mein Terminkalender rappelvoll. Deshalb war ich umso glücklicher, ein Wochenende mit Freunden zu verbringen, offline zu sein.
Aus Liverpool zurück: Corona wirft seinen Schatten voraus
Zurück in Deutschland besuchte ich an meinen letzten freien Urlaubstag, am Montag, 9. März, das Zweitliga-Spitzenspiel zwischen dem VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. 1:1, keine besonders packende Partie. Packend wurde vielmehr die Woche, die uns bevorstand: Am Abend nach dem Spiel hatte ich Zeit: Ich beschäftigte mich zum ersten Mal eingehender mit dem Thema Corona. China. Iran. Italien. Es machte sich Unbehagen breit. Man sieht den Tunnel kommen, weiß aber nicht wie dunkel, wie kurvig oder wie lang er sein wird.
Am Ende der Woche war es soweit: Wir sind im Corona-Tunnel angekommen. Am Samstag, 14. März, gab Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Empfehlung zur freiwilligen Quarantäne. Ab Abend schrieb ich eine Mail an das Digacon-Team in Stuttgart und beorderte die gesamte Mannschaft ins Homeoffice.
Welche Folgen hat Corona? Und wie gehen wir damit um?
Ab dann ging es Schlag auf Schlag: Fest zugesagte Projekte wurden abgesagt. Harte Entscheidungen und Gespräche standen an. Wir mussten einige Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, wir haben Büroräume gekündigt. Umso erfreulicher war es, dass wir ohne großen Unterbruch die Arbeit für unsere Kunden fortsetzen konnten. Zu Beginn des Lockdowns hat sich der Koordinationsaufwand erhöht. Aber schnell war unseren Kunden und auch uns bewusst: Arbeiten geht auch remote, wir sparen Reisekosten und gewinnen dadurch Zeit.
Natürlich geht’s in unserem People Business vor allem auch um den persönlichen Austausch, um den Smalltalk bei einer Tasse Kaffee, um den kurzen Austausch im Fahrstuhl oder ein Abendessen mit den Kunden. In Zeiten einer Kontaktsperre entfiel diese wichtige soziale Komponente plötzlich. Wir haben aber auch die positiven Aspekte der Corona-Krise erlebt: Digitalisierungsthemen sind bei fast allen Unternehmen in den Fokus gerückt, das Virus wirkt hier wie ein Booster. Wir sind davon überzeugt, dass die langfristigen Folgen der Corona-Krise gerade bei mittelständischen Unternehmen einen Innovations- und Digitalisierungsschub auslösen wird.